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FS-Blog

Das freisinnige Blog von Fritz Schmude.

Zettel ist tot

2013-02-27 00:00
Zwei berühmte Menschen sind heute gestorben. Dem einen, einem zum Umsturz aufrufenden Mainstream-Sozialisten, werden europaweit massenweise Kränze als "Querdenker" geflochten. Für den anderen, einen echten unabhängigen Querdenker, müssen die Nachrufe in der Welt nebst dem auf seinem eigenen Blog genügen.

Der eine ist natürlich Stephane Hessel, der dank seiner Schrift "Indignez-vous" zum Maskottchen all derer wurde, die schon immer wussten, dass der Kapitalismus die Wurzel alles Bösen ist. "Quergedacht" oder gar "politisch unkorrekt" (Spiegel) ist das nun weniger, eher würde ich sagen: "Dem Glauben der Mehrheit aller Europäer entsprechend". Als typischer Vertreter für das heutige allgemeine Lobhudeln aus den Mündern der zig-Millionen, die von Hessel genau das gepredigt bekamen, was sie eh schon glaubten, kann der Nachruf des Spiegels gelten. An dieser Stelle also genug davon.

Der echte Querdenker, auf dessen Beiträge Deutschland seit heute verzichten muss, ist der Blogger "Zettel". Ein echter Liberaler, der eben nicht, wie in Deutschland seit vielen Generationen üblich, den Sinn des Lebens darin fand, ein heldenhafter Soldat im heiligen Kampf der "Guten" gegen die "Bösen" zu sein, sondern sich während seiner gesamten Blogger-Zeit die Freiheit nahm
  • nicht die Säue zu bebloggen, die gerade durchs Dorf rennen, sondern sich seine Themen selbst zu wählen
  • über politische wie auch über unpolitische Themen gleichermaßen zu schreiben
  • sich (trotz einer noch vorhandenen Rest-Sympathie für die FDP) von keiner Partei, keinem Verein, keiner Führungsfigur o.dgl. vereinnahmen zu lassen.
Es gibt nicht viele, die dieses Format besitzen. Im Gegenteil ist es ja so, dass gerade die, die sich einen besonderen Stiefel auf "ihre" "Meinung" einbilden, die gesichtslosesten, unoriginellsten Zombies im heiligen Krieg einer (Ersatz-)Religion gegen ihre mal eingebildeten, mal tatsächlichen Feinde sind und von allem tausendmal gedroschenen Stroh das leerste bearbeiten.

Zettels Meldungen enthielten stets korrekte Fakten, dabei oft welche, die man anderweitig nur schwer oder gar nicht bekam. Welcher Blogger leistet sich schon ein Abo von Stratfor? Wer kennt Leute aus Mali? Zettels Schreibe war immer logisch schlüssig, sprachlich ausgezeichnet und nie langweilig.

Das Ideal der Gedankenfreiheit hat heute einen seiner wichtigsten Stützpunkte im deutschsprachigen Raum verloren.

Hier noch der Nachruf von der Welt und natürlich "Zettels Raum" selbst, sowie der Kondolenz-Thread im zugehörigen Forum.

Und noch ein Detail: "Zettel" ist einer der wenigen Blogger, die mal von einer Print-Zeitung interviewt wurden. Das ganze Interview ist lesenswert.

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Mein Kommentar dazu:
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